Mein Name ist Aloos Amir. Ich komme aus Afrin in Syrien und bin 1996 in Aleppo geboren. Dort habe ich 2014 mein Abitur erworben – unter schwierigsten Bedingungen während des Krieges, der das Lernen immer wieder unterbrochen und gefährlich gemacht hat. Ein Studium in Syrien war für mich aufgrund des Krieges unmöglich.
Im Februar 2015 reiste ich zunächst in die Türkei, von dort weiter nach Italien und schließlich nach Deutschland. In Solingen besuchte ich das Berufskolleg, wo ich durch meine Lehrerin – die Tochter von Herrn Professor Stötzel – auf intensive Sprachkurse hingewiesen wurde. Mit Unterstützung des Rotary Clubs Hilden-Haan konnte ich diese erfolgreich absolvieren und so die Voraussetzung für ein Studium in Deutschland schaffen.
Anschließend begann ich mein Studium des Bauingenieurwesens an der Hochschule Bochum. Zunächst arbeitete ich mehrere Jahre als Werkstudent bei der Schüßler-Plan GmbH, wo ich wertvolle Praxiserfahrungen im Bereich Brücken- und Ingenieurbau sammeln konnte. Im Rahmen meiner Masterarbeit entwickelte ich eine Softwarelösung zur Planung von Instandhaltungsmaßnahmen großer Bauwerksbestände. Grundlage war eine Umfrage mit 17 Bauwerksprüfern aus verschiedenen Kommunen in Nordrhein-Westfalen, deren Ergebnisse direkt in die Konzeption eingeflossen sind.
2023 habe ich mein Studium in der Regelstudienzeit mit dem Master abgeschlossen. Heute bin ich bei „eberhardt – die ingenieure GmbH“ im Bereich Bauingenieurwesen mit Schwerpunkt auf Brückenbau für Qualitätssicherung, Stahlbau und Korrosionsschutz tätig. Dort habe ich zudem zwei international anerkannte Weiterbildungen erfolgreich absolviert: die Ausbildung zum Schweißfachingenieur sowie zum FROSIO-Beschichtungsinspektor. Zurzeit arbeite ich an der A1-Brücke bei Leverkusen und der Rahmede-Talbrücke. Diese Projekte stehen beispielhaft für die verantwortungsvolle und anspruchsvolle Arbeit, die wir als Team leisten.
Neben dem Studium habe ich mich viele Jahre ehrenamtlich engagiert – unter anderem bei der Naturfreundejugend NRW, bei der AWO in Solingen sowie in der Flüchtlingshilfe. Dabei habe ich Kinder und Jugendliche betreut, Ferienprogramme mitgestaltet und neue Studierende beim Einstieg ins Studium unterstützt. Durch diese Tätigkeiten konnte ich Verantwortung übernehmen, Teamarbeit leben und jungen Menschen Orientierung geben. Dieses Engagement hat mich persönlich geprägt und mir gezeigt, wie wichtig Gemeinschaft, Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung sind.
Für meine Leistungen und meinen Einsatz durfte ich verschiedene Auszeichnungen und Förderungen erhalten, darunter das Deutschlandstipendium, den DAAD-Preis, die Förderung durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie den Preis der Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau.
Die Patenschaft lag mir besonders am Herzen, weil sie mir nicht nur den Zugang zu fundiertem Wissen ermöglichte, sondern auch den regelmäßigen Austausch über Politik, Kultur, Studium und Zukunftspläne mit Kommilitonen und deutschen Freunden förderte. Gerade in einer Zeit, in der Integration und gegenseitiges Verständnis zentrale Aufgaben sind, war dieses Projekt für mich von großer Bedeutung.
In den zwei Jahren der Zeitungs-Patenschaft habe ich erlebt, wie die Förderung insbesondere sprachlich sehr viel bewirkt hat. Zugleich eröffnete die Lektüre der Zeitung neue Horizonte im Verständnis politischer und internationaler Zusammenhänge. Für mich persönlich war diese Erfahrung bereichernd, da ich meinen Blick auf gesellschaftliche und politische Themen erweitern konnte.
Besonders hervorheben möchte ich die umfassende Unterstützung von Herrn Professor Stötzel und Frau Stötzel. Herr Professor Stötzel hat mich über viele Jahre hinweg begleitet und unterstützt mich bis heute. Ich konnte ihn jederzeit anrufen, meine schwierigen Situationen schildern und erhielt stets Rat, Ermutigung und konkrete Hilfe. Seine Begleitung – sei es täglich, wöchentlich oder wann immer ich Unterstützung brauchte – ist für mich zu einem entscheidenden Fundament geworden. Frau Stötzel stand mir ebenfalls immer hilfreich zur Seite. Beide haben mir viele Türen geöffnet und dazu beigetragen, dass ich meinen Traum verwirklichen konnte. Für diese kontinuierliche Begleitung bin ich zutiefst dankbar. Ich werde diese Erfahrung immer weitererzählen – auch meinen künftigen Kindern – weil sie mein Leben geprägt und mir eine Zukunft ohne Gewalt und persönliche Bedrohung ermöglicht hat.
Aloos Amir